Graffiti und Streetart, zwei Begriffe die häufig in einem Atemzug genannt werden. Aber wo liegen die Unterschiede, oder gibt es keinen?
In Athen hatten die Gelegenheit bei der Greek Kreuzberg – Streetart Tour mit Manolis Iliopoulos mehr zu erfahren. Manolis hat Architektur studiert, bevorzugt aber ein Leben als freier Künstler. Selbst Streetart-Künstler, ist er ein ausgezeichneter Kenner die Szene und bietet auch Führungen in kleinen Gruppen an.

Treffpunkt ist die Metro Station Monastiraki. Von hier aus geht es in das nordöstlich gelegene Viertel Psyri.
Psyri war Anfang der 90er Jahre etwas verrufen und es war nicht ganz ungefährlich hier seine Streifzüge zu unternehmen. Heute ist es ein In-Viertel mit modernen Restaurants, Bars, Tavernen und kleinen Hotels, in dem auch vermehrt Künstler wohnen.

Es gibt unterschiedlichste Formen von Graffiti und Streetart. Doch bereits diese beiden Formen stehen sehr grundsätzlich gegeneinander. Graffiti beinhaltet als zentralen Bestandteil Buchstaben, die in unterschiedlichster Weise und mit unterschiedlichsten Techniken künstlerisch dargestellt werden. Streetart beinhaltet in der Regel ein Bild.
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Mehr InformationenIm Gespräch mit dem Graffiti Künstler Senor, den wir zufällig treffen, wurde dieser Unterschied sehr stark verdeutlicht. Für ihn ist dies eine Frage der Philosophie, Graffiti hat immer mit Buchstaben zu tun, Streetart ist zu einer kommerziellen Bezeichnung geworden und hat mehr mit Marketing und Verkauf zu tun.
Senor zeichnet seit über 20 Jahren Graffiti, aber nicht um Geld zu verdienen oder berühmt zu werden. Trotzdem setzt Senor auf Qualität und nicht auf Quantität. Seinen Lebensunterhalt bestreitet er mit Skulpturen gemixt mit Videoart. Heute noch zeichnet er seine Graffitis mit Freude, es lässt ihn, wie er sagt, ein wenig Kind bleiben. Später hatten wir noch die Gelegenheit ein großes Graffiti von ihm zu sehen, das er in vier Stunden geschaffen hatte.
Beim Gespräch mit einem Ladeninhaber eines Graffiti Zubehör Geschäftes konnte man erkennen, dass sich die Szene immer noch in einer gewissen Grauzone bewegt.

Im Laufe der Führung machte uns Manolis immer wieder auf die unterschiedlichen Maltechniken aufmerksam und wie man daran die Künstler erkennen kann.
Der in Russland geborene Künstler Nar arbeitet z. B. mit einer schwarzen Farbe aus einer Teer-Verbindung. Sie wird grob aufgebracht, so dass feuchte Schlieren an der Wand herunterlaufen. Diese Schriftzüge sind im ganzen Viertel eindeutig zu erkennen und dem Künstler zuzuordnen.

In Athen findet man viele Streetart Gemälde des in Bali geborenen Künstlers WD aka Wild Drawing (WD).
Er verwendet eine Technik, die mehr und mehr um sich greift: Die Gemälde werden am Computer erstellt, ausgedruckt und können somit rasch an den Wänden angebracht werden. Dies deutet bereits darauf hin, dass diese Künstler oft am Rande der Legalität arbeiten, was oft mit hohem Risiko verbunden.
Manolis zeigt uns ein schönes Graffiti in Grün und Petrol und uns erklärt, dass es die Eigenheit des Künstlers war, das Kunstwerk in ausladenden Schwüngen rasch anzubringen. So verwundert es nicht, als er erzählt, dass der Künstler beim Malen in der Metro tödlich verunglückt ist.
Es gibt unterschiedlichste Motivationen für Graffiti und Streetart, teils politischer Natur, teils als Parodie gedacht, was auch immer – es bleibt die Frage nach der Motivation der Künstler. Vielfach ist die treibende Kraft Ruhm zu erlangen, was einigen auch gelingt.
Während diese Art von Kunst früher überwiegend kritisch gesehen wurde und vielfach auch als Sachbeschädigung geahndet wurde, geht der Trend zunehmend in eine andere Richtung. Dies ist in Athen besonders zu spüren.
Graffiti und Streetart wird zunehmend als Ausdruck einer neuen Jugendkultur verstanden und dient vielfach durchaus der Verschönerung des Stadtbildes, wenn auch nicht immer. Dennoch wird es heute geduldet, wenn auch nicht gefördert.
Besonders beeindruckt hat uns das Streetart Gemälde, dass den Hund Loukanikos zeigt. Er war bei den Unruhen von 2008 bis 2009 in Athen immer an vorderster Front, vor den Demonstranten, zu finden.
Als er 2014, vermutlich auf Grund der bei den Unruhen eingeatmeten Chemikalien starb, setzten ihm die drei Athener Streetart-Künstler, Vasilis Griparis, Alex Martinez und N-Grams, mit ihrem Graffiti im Zentrum von Athen ein Denkmal.
Hinweis: Wir danken Dopios für die Einladung zur Street Art Tour im Rahmen der TBEX Athen. Alle unsere Meinungen sind unsere eigenen.
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